Der Pärchen-Plural

„Na, wie geht es euch denn?“ – Eine meine Lieblingshassfragen. Bekannt ist ja, dass Pärchen häufig in den Pärchen-Plural verfallen, wenn sie irgendetwas berichten. Es gibt dann plötzlich scheinbar kein Ich mehr, sondern nur noch ein harmonisches Wir. Zwei ehemals unabhängige Individuen verschmelzen zu einem Wir. Das konnte ich noch nie leiden und habe auch versucht, dies immer zu vermeiden. Oft spricht jemand auch von „wir“, wenn er eigentlich nur sich selbst oder nur den anderen meint. „Wir müssten mal wieder putzen!“ – eindeutiger geht es nicht, dass der andere sich bitte schleunigst an die Arbeit machen sollte. Aber was ich meine, sind die Anrufe, in denen ich gefragt werde, wie es uns geht, was wir machen etc. Ich bin bei einer solchen Frage immer etwas irritiert, weil ich nicht weiß, was ich antworten soll. Eigentlich weiß ich auch gar nicht richtig, wer dann alles gemeint ist. Für jemand anderen mit zu antworten wäre für mich so kompliziert, dass ich komplett überfordert bin. Außerdem kann ich nur für mich antworten, es muss doch jeder für sich selber sprechen. Andererseits möchte ich natürlich auch, dass der Anrufer sich für mich interessiert, ernsthaft wissen möchte, wie es mir geht und hören möchte, was ich so mache. Den Eindruck habe ich nicht, wenn ich nach „Euch“ gefragt werde. Andersrum ist es aber genauso nervig: Ich frage eine Bekannte, wie es ihr geht und sie fängt gleich an, zu erzählen, was ihr Mann alles macht und was sie gemeinsam planen etc. Ich bin dann immer etwas ratlos. Denn wenn ich jemanden frage, wie es ihm geht, dann meine ich das auch genau so und möchte es wissen. Außerdem male ich mir aus, wie sich Singles fühlen, die immer nur irgendwas von „Wir“ erzählt bekommen. Soll das die wunderbare Symbiose widerspiegeln, in der man nun lebt? So viel Harmonie, dass es nur noch „Wir“ gibt? Vielleicht verstecken sich manche aber auch hinter dem „Wir“. Oder vergessen selber manchmal, dass es noch was anderes neben „Wir“ gibt. Aber ein „Wir“ besteht doch aus mindestens zwei „Ichs“. Ich finde, das sollte nicht vergessen werden.

(Passt zwar nicht 100%ig zum Thema, aber kennt noch jemand die Lassie Singers? Die Pärchenlüge.)

3 Kommentare
  1. Francisco sagte:

    Ich bin mir nicht ganz sicher, ob du da nicht zuviel hinein interpretierst oder es dem zuviel Bedeutung zumisst.

    Werde ich gefragt, wie es mir geht, erzähle ich erst von mir und dann von der Familie (wenn der Fragende sie kennt oder von ihr weiß).

    Werde ich gefragt, wie es uns geht, erzähle ich erst von mir und dann von der Familie (wenn der Fragende sie kennt oder von ihr weiß).

    Und andersherum genauso: ich frage den/die/das Betreffenden, wie es ihm/ihr geht und erwarte dann eigentlich auch Info, über den Anhang – wenn es einen gibt und ich ihn kenne.

    Und ja, jedes „wir“ besteht aus zwei oder mehr „ichs“ und ein „wir“ zu sein ist toll! :-))

    Insbesondere dir, aber auch deinem Männe alles Gute und erdenklich Tolle für 2013!

  2. Miriam sagte:

    Vielen Dank für Deine guten Wünsche. Auch Dir und Deiner Familie wünsche ich ein gesundes, glückliches und zufriedenes Jahr 2013!

    Interessant, dass Du Info über den Anhang (übrigens auch ein nicht so nettes Wort ;-)) erwartest, das ist bei mir tatsächlich überhaupt nicht so. Wenn es mich interessiert, dann frage ich danach.

    Und ja, ich lege die Worte oft auf die Goldwaage. Aber ich dachte darüber nach, nachdem ich mit einer guten Bekannten telefoniert hatte, von der ich nach dem Gespräch letztendlich nicht wirklich wusste, wie es ihr geht, dafür wusste ich aber das komplette Leben des Partners. Ich finde schon, dass dann das „Wir“ zu viel des Guten ist und habe auch Angst, dass derjenige vielleicht ein bisschen über die Beziehung vergisst.

  3. Miriam sagte:

    Ups, im letzten Satz ein Wort vergessen. Also natürlich:
    „… und habe auch Angst, dass derjenige SICH vielleicht ein bisschen über die Beziehung vergisst.“

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